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Albrecht Dürer: DREI GROSSE BÜCHER MARIENLEBEN – GROSSE PASSION – APOKALYPSE

 

Dürer galt schon zu Lebzeiten als Ausnahmekünstler, der vor allem auch mit Innovationen in Verbindung gebracht wurde. Er war der erste deutsche Künstler mit internationalem Ruhm, und er war der erste, der sich systematisch das neue Medium Druckgraphik zu eigen machte. Er war Maler, Zeichner, Druckgraphiker und Verleger und verdiente damit ein Vermögen. Er selbst bezeichnete sich als Maler, wurde aber von seinen Zeitgenossen vor allem als Druckgraphiker wahrgenommen.

 

Dürer war der Meister des Schwarz-Weiß – so bezeichnete ihn Erasmus von Rotterdam: „Er verstand es, selbst undarstellbare Dinge wiederzugeben: Feuer, Lichtstrahlen, Gewitter, Blitze, Donnergrollen, ja sogar, wie man sagt, die Schattenspiele von Wolken auf einer Mauer, Wesensarten und Gefühle – kurzum, die Seele der Menschen, wie sie sich durch das Äußere und die Haltung zu erkennen gibt, und sogar die Stimme. Diese Dinge stellt er uns vor Augen in den treffendsten Linien, schwarzen Gebilden, in einer Art und Weise, dass, wenn man Farbe auftragen würde, man das Werk zerstören würde.“

 

Dürer lebte in einer Umbruchszeit. Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks leitete einen Wandel in der Schrift- und Buchkultur ein, der zu Dürers Lebzeiten noch nicht abgeschlossen war. Typisch für diese Umbruchszeit waren Mischformen: gedruckte Bücher, die handkoloriert oder denen handgemalte Bilder oder Ornamente eingefügt wurden.

 

Die von Dürer selbst so genannten „Drei Bücher“ oder „Großen Bücher“ – das „Marienleben“, die „Große Passion“ und die „Apokalypse“ – gab der Künstler im Eigenverlag heraus. Text und Bild stehen gleichwertig nebeneinander, obwohl das Bild auf der rechten Buchseite dominiert. Wie in der damaligen Zeit üblich, stellte auch Dürer das biblische Geschehen in die Welt um 1500, was die Raumdarstellungen, das zeittypische Mobiliar und zeitgenössische Gewänder betrifft. Das gilt besonders für das „Marienleben“. Dagegen handelt es sich bei den Architekturen und Interieurs um konstruierte Idealräume.

 

Die „Drei Bücher“ sind als Trilogie zu verstehen. Sie haben die christliche Eschatologie zum Thema, die als Prozess verstanden wird: Die Inkarnation Gottes wird im Marienleben durch das Heilsgeschehen an den Eltern Mariens, Anna und Joachim, gegründet, der göttliche Wille auf Erden in der Passion vollzogen und in der Apokalypse das Reich Gottes vollendet. Die Texte wurden von dem humanistisch geprägten Mönch Benedictus Chelidonius verfasst, für die Apokalypse wählte Dürer den Bibeltext der Offenbarung des Johannes.

 

Interessant ist, dass Dürers religiöse Gemälde und Druckgraphiken international und überkonfessionell anerkannt wurden. „Marienleben“ und „Große Passion“ zählen zu seinen erfolgreichsten Werken. Davon zeugen zahlreiche Kopien und Nachahmungen in anderen Medien. Das gilt weniger für die „Apokalypse“, die aber zu Lebzeiten des Künstlers nur in Buchform editiert wurde, während er von seiner Marien- und Passionsfolge bereits vor der lateinischen Buchausgabe Einzelblätter ohne Text herausgab, die über Kopien internationale Verbreitung erfuhren.

 

Der vorliegende Prachtband enthält alle Bilder der drei Dürer-Werke, jetzt wieder im Folioformat: großformatig wie die Originalausgabe von 1511 – ein bibliophiles Gesamtkunstwerk!

 

 

ALBRECHT DÜRER

DREI GROSSE BÜCHER

MARIENLEBEN – GROSSE PASSION – APOKALYPSE

Herausgegeben, eingeleitet und kommentiert von Anja Grebe

 

wbg Edition, Nov. 2020, Hardcover, 144 Seiten mit 100 farb. Abb.,

32,5 x 48,5 cm, Fadenh., Halbl. mit Lesebänd. im Schmuckschuber

ISBN ‎ 978-3-534-27237-2

EUR 200,00 (D), 205,70 (A)

EUR 160,00 für wbg-Mitglieder

 

 

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Robert Harsieber

 

Philosoph - Journalist - Verleger

 

„Die Art,

wie wir die Welt sehen,

erleben und in ihr agieren,

hängt ab von einem ‚Denkrahmen‘.

Er zeigt den für uns wichtig gewordenen, gewohnten Ausschnitt der Wirklichkeit.

Er schließt ein

und er grenzt aus.

In diesen Denkrahmen

sind wir hineingewachsen.

Wir können aber auch

über ihn hinauswachsen.“