Hans-Peter Dürr: Die Wirklichkeit ist weit mehr als Realität

Unser fragmentierendes Denken ist nicht geeignet, die Wirklichkeit zu begreifen. Wir brauchen ein neues ganzheitliches Weltbild.

 

Hans-Peter Dürr hielt in Wien einen viel beachteten Vortrag "Warum es ums Ganze geht - Neues Denken für eine Welt im Umbruch" – ausgerechnet auf Einladung der Biobauern. Die starteten eine Informationsoffensive "Wir schauen aufs Ganze". Was zeigt, dass die philosophischen Ansichten des Physikers, Friedens- und Alternativnobelpreisträgers bereits Wurzeln schlagen.

Wir sollten nicht immer nur auf Details schauen, sondern das Ganze in den Blick bekommen. Das aber ist nicht so leicht. So empfiehlt der Wissenschaftler, dass wir unsere Wissenschaftsgläubigkeit etwas zurücknehmen müssten, denn Wissenschaftler sind nicht mehr die, die wissen, wie alles funktioniert. Das ist Vergangenheit – nur die Wissenschaftler selbst hätten das noch nicht kapiert. Die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Wissenschaftlern und "Laien" werden dadurch nur noch größer.

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"Es gibt keine Materie"

Unser heutiges Welt- und Menschenbild entspricht dem Denken des 19. Jahrhunderts. Der Weg zu einem neuen Denken führt über die moderne Physik.

 

Der Physiker, Heisenberg-Schüler, Friedensnobelpreisträger und Träger des Alternativnobelpreises, Hans-Peter Dürr, beginnt seine Vorträge oft mit einem "Paukenschlag": „Ich habe 50 Jahre – mein ganzes Forscherleben – damit verbracht, zu fragen, was hinter der Materie steckt. Das Endergebnis ist ganz einfach: Es gibt keine Materie!“ Das hat vor allem weitreichende Konsequenzen für unser Welt- und Menschenbild. Es sind naturwissenschaftliche Überlegungen, dass nicht die Materie das Fundament unserer Wirklichkeit ist, sondern etwas, das sich nicht be-greifen lässt.

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Materialismus und Reduktionismus können das Ganze nie erfassen

Gehirnforscher verwechseln oft Korrelation mit Kausalität. Naturwissenschaft erfasst Realität, aber nicht Wirklichkeit. Das Leben wird damit ausgeschlossen.

 

Die Erfolgsmeldungen überschlagen sich: Immer neue Gene für immer mehr Krankheiten werden entdeckt – die Frage, ob die Genetik überhaupt eine ausreichende Erklärung für Erkrankungen bieten kann, wird kaum mehr gestellt. Immer mehr Rezeptoren stehen in Beziehung zu psychischen Funktionen – die Psyche scheint für eine Erklärung des Menschlichen nicht mehr nötig.Dieses reduktionistische Denken ist aber nicht wissenschaftlich zu begründen, sondern ein Missbrauch dieser Methode.

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Bernard d'Espagnat: Das Ende der wissenschaftlichen Rationalität

Die Naturwissenschaft ist angetreten, die Realität rational zu erklären. Die moderne Physik kommt zu dem Ergebnis, dass dies prinzipiell nicht möglich ist.

 

Sein Vater Georges d'Espagnat war ein Freund von Auguste Renoir und selbst Maler. Bernard d'Espagnat wurde jedoch Physiker, vielleicht weil er – wie viele andere Physiker auch – Philosoph war. Die weltanschaulichen Differenzen der Eltern, obwohl nie direkt angesprochen, hatten sein philosophisches Interesse geweckt. 2009 erhielt der französische Physiker und Wissenschaftstheoretiker den mit mehr als einer Million Euro dotierten Templeton-Preis, mit dem unter anderen Mutter Teresa, Alexander Solschenizyn sowie der deutsche Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker ausgezeichnet wurden.

Bernard d'Espagnats Buch „On Physics and Philosophy“ führt das heute immer noch gängige „realistische“ Weltbild ad absurdum.

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Robert Harsieber

 

Philosoph - Journalist - Verleger

 

„Die Art,

wie wir die Welt sehen,

erleben und in ihr agieren,

hängt ab von einem ‚Denkrahmen‘.

Er zeigt den für uns wichtig gewordenen, gewohnten Ausschnitt der Wirklichkeit.

Er schließt ein

und er grenzt aus.

In diesen Denkrahmen

sind wir hineingewachsen.

Wir können aber auch

über ihn hinauswachsen.“