Philosophie:

Die Suche nach Sinn oder

Die Kunst aus dem (Denk-)Rahmen zu fallen und den Menschen zu entdecken

 

Philosophie bedeutet "Liebe zur Weisheit". Sie hat sich jedoch zum Teil auf rein rationales Argumentieren verlegt. Ist damit sowohl die Liebe als auch die Weisheit verlorengegangen?

 

Philosophieren heißt aber auch Offensein für die Grundfragen des Lebens, selbst wenn damit die Grenzen des rational Begründbaren erreicht sind. Ist der Punkt, an dem Philosophen zu ausschließlichen "Denkern" werden, das Ende der Philosophie? Oder ist/war Denken mehr als rationales Denken? Setzen sich Philosophen zwischen die zwei Sesseln Naturwissenschaft und Religion/Spiritualität oder können sie diese Extrempositionen des menschlichen Wissenserwerbs verbinden, ohne in einer davon aufzugehen? ... mehr

Teilchenbild und ganzheitliche Sicht

 

Das abendländische Denken droht am Umgang mit den Gegensätzen zu scheitern. Von den Gegensätzen kann immer nur ein „Teil“ richtig sein, der andere ist zu eliminieren. So droht auch in der Auseinandersetzung von Philosophie und Naturwissenschaft entweder die Philosophie eliminiert oder die Naturwissenschaft ignoriert zu werden. Das Entweder – Oder hat aber auch hier keine Lösungskompetenz für die Komplexität der Wirklichkeit.

 

„Diese Fragen (der Metaphysik) stellen wir nicht mehr“ – sie sind „gegenstandslos“ geworden, behaupten einige „moderne“ Philosophien. Auf der anderen Seite zeigt uns die Physik, dass sogar für die Elementarteilchen die Frage nach ihrer Existenz keinen Sinn hat. Es scheint immer wichtiger zu werden zu unterscheiden, ohne zu trennen. Den Geist auf Basis der Neuronen erklären zu wollen, ist ebenso unsinnig wie zwischen Materie und Geist zu trennen.

 

Eine „Lebenswissenschaft“, die sich nicht mit dem Leben, sondern mit Neuronen beschäftigt, sollte vorsichtshalber bei den Physikern nachfragen, die Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls die Illusion hatten, alles mit den kleinsten Teilchen erklären zu können, und die dann vor der Tatsache standen, dass es diese Teilchen gar nicht gibt. Wenn der Physiker Hans-Peter Dürr sagt, dass die Basis der Materie nicht materiell ist, und dass man mit einer bloß rationalen Sicht nicht eine Sekunde überleben könnte, dann darf man gespannt sein, wie sich die Lebenswissenschaften, zweifellos die Leitwissenschaft des 21. Jahrhunderts weiterentwickeln.

Wer immer und überall „exakte Naturwissenschaft“ verlangt, verletzt die wissenschaftliche Forderung nach Methodenadäquatheit. Schon die Biologie kann nicht nur exakte Naturwissenschaft sein (Ernst Mayr), Psychologie, Soziologie usw. umso weniger. Dass sich heute das Mainstream-Denken auf das Materielle konzentriert und reduziert, führt zu einem Vakuum des Nicht-Materiellen und damit zur Hinwendung zu anderen Kulturen (Yoga, Zen, Buddhismus etc.) und zur Esoterik, die wieder meist in einem Patchwork-Weltbild steckenbleibt.

 

Das Bild einer modernen und auch zukunftsfähigen Gesellschaft ist untrennbar mit einem zeitgemäßen Welt- und Menschenbild verbunden. Dabei geht es aber nicht um die Hinwendung zum in irgendeiner Form Anderen, sondern um die Berücksichtigung aller Dimensionen menschlichen Seins – hier auch nicht um eine Summierung zum Bild des Ganzen, sondern um ein ganzheitliches Denken, für das (wie in der modernen Physik) das Ganze/Eine die primäre Wirklichkeit ist und Teile gar nicht wirklich existieren.

 

Auch die (begriffliche) Sprache hat sich immer mehr am Teilchenbild der Realität orientiert und ist damit nicht mehr (wie eine Symbolsprache) imstande, die Komplexität und Mehrdimensionalität der Wirklichkeit auszudrücken. Unsere naturwissenschaftlich geprägte Begriffssprache kann auch nicht für die Interpretation anderer Kulturen und z.T. nicht einmal für die früheren Zeugnisse unserer eigenen Kultur herangezogen werden. Das würde zu Missverständnissen führen, die besonders auch im Feld der Esoterik reflektiert werden müssen, wo sehr oft das ganz Andere mit dem gewohnten alten Weltbild (dem man zu fliehen vorgibt) gesehen wird.

Robert Harsieber

 

Philosoph - Journalist - Verleger

 

„Die Art,

wie wir die Welt sehen,

erleben und in ihr agieren,

hängt ab von einem ‚Denkrahmen‘.

Er zeigt den für uns wichtig gewordenen, gewohnten Ausschnitt der Wirklichkeit.

Er schließt ein

und er grenzt aus.

In diesen Denkrahmen

sind wir hineingewachsen.

Wir können aber auch

über ihn hinauswachsen.“