ÖVP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner im Kurier-Interview: „Weil ich eben christlich-sozial geprägt bin, ist mir ein sehr menschlicher Umgang mit Asylwerbern wichtig. Wenn es einen negativen Bescheid gibt, versuchen wir die Betroffenen zur freiwilligen Rückreise zu bewegen. Und ergänzend dazu bieten wir ein Rückkehrprogramm an. Sie werden bei der Jobsuche unterstützt, um eine Existenz aufbauen zu können.“
Ein wunderschöner Satz, der einige Fragen aufwirft: Hat das AMS seine Aktivitäten auf Pakistan ausgedehnt? Hat der staatliche Versuch, die Betroffenen zur freiwilligen Rückreise zu bewegen, wirklich etwas mit Freiwilligkeit zu tun? Das Verfahren bis zum negativen Bescheid wird nicht thematisiert, ja nicht einmal erwähnt. Aber das ist alles nichts gegen den wichtigen, „sehr menschlichen Umgang mit Asylwerbern“ … „weil ich eben christlich-sozial geprägt bin“.
Österreich sei ein Rechtsstaat, so die übliche Argumentation. Die Entscheidungen von Bundesasylamt und Asylgerichtshof seien zu respektieren. Auch die Fremdenpolizei gehe "nach dem Gesetz vor". Die Frage, ob es dort auch mit rechten Dingen zugeht (oder nur mit rechten Ideologien), wird nicht gestellt. Wenn die zum Entscheid kommen, dass Pakistan ein sicheres Land sei, ist das nicht zu hinterfragen. Es gibt zwar eine Reisewarnung, aber nur für Touristen. Taliban-Gegner hätten nichts zu befürchten. Aus Mafia-Ländern wissen wir: Es ist genau umgekehrt. Touristen werden in Ruhe gelassen, sie bringen ja Geld, das man den Gewerbetreibenden nach der Saison abzunehmen gedenkt.
Dass der Rechtsstaat auch andere Mittel vorsieht, etwa das humanitäre Bleiberecht, wird gar nicht erst in Erwägung gezogen. Ein individuelles Vorgehen wird immer wieder behauptet, aber nirgends wirklich angetroffen.
Und die christlich-soziale Gesinnung? Die ist der ÖVP längst abhandengekommen. Wäre da nur ein Funken übrig geblieben, hätte man ein schönes Beispiel im Buch der Bücher: Auch einem gewissen Jesus ging es um Gesetz versus Menschlichkeit. Ohne das Gesetz auszuhebeln, ging es ihm um das Wesentliche des Gesetzes, und daher trat er vehement gegen die „Gesetzestreuen“ auf, die sich als blinde Vollstrecker der Gesetze aufspielten. Die Asylgesetze sind für die Menschen da und nicht umgekehrt, müsste man den heutigen Pharisäern zurufen. Jesus hat die Ehebrecherin vor der Steinigung bewahrt – und was tut die österreichische Asylpolitik? Wenn die mit dem „Heimreisezertifikat“ Ausgezeichneten in Pakistan gesteinigt werden, wäre das dann Beihilfe zum Mord? Und wir leben weiterhin in einem Rechtsstaat?
Die Entscheidungen von Bundesasylamt und Asylgerichtshof sind zu respektieren, selbstverständlich, wir leben in einem Rechtsstaat. Aber nur dann, wenn sie auch so zustande gekommen sind, wie das einem Rechtsstaat entspricht. Und daran darf sogar in einem Rechtsstaat gezweifelt werden. Und eine Frage, die sich immer mehr aufdrängt: Ist Menschlichkeit in einem Rechtsstaat kein Thema?
Während heute alle von Werten, ja sogar von österreichischen Werten reden, wobei vor allem die Schwierigkeit sie zu definieren auffällt, kann man österreichische Unwerte sehr leicht an konkreten Beispielen festmachen.
Ist es möglich, den Traum (oder Albtraum) einer in sich abgeschlossenen Kultur und Gesellschaft heute noch weiter zu verfolgen? Dass es möglich ist, beweisen nicht nur die erdigen Wahlplakate der FPÖ, sondern auch die einschlägige österreichische Gesetzeslage. mehr
Asylwerber legen einen Protestmarsch hin, campieren im Park, verlegen die Aktionen inklusive Pressekonferenz in die Votivkirche, und es braucht die Caritas, um der Welt zu zeigen, was „christlich“ bedeutet. So unerfreulich das ist, die Ereignisse machen wenigstens einiges in Österreich transparent.
Der „Fall“ macht jedenfalls einiges sichtbar:
1. Asylwerber, die mehrere Jahre (nicht selten zweistellig) in Asylheimen leben, aber nicht arbeiten dürfen, wollen auf ihre (Menschen-)Rechte aufmerksam machen. Versuchen Sie einmal, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn Sie zehn Jahre nicht arbeiten dürften, und hören Sie sich dann die Vorwürfe an, Sie wären arbeitsscheu. Und das vor dem Hintergrund traumatischer Erlebnisse, vor denen Sie geflüchtet sind. Realistisch bleiben in so einer Situation nur zwei Möglichkeiten offen: die Psychiatrie und/oder das Kriminal. mehr
Ob Arigona Zogaj oder jetzt Leonesa Mujaj – die Österreicher haben so ihre Probleme mit der Menschlichkeit. Und genau daran sieht man, dass Österreich längst kein christliches Land mehr ist.
Es ist ja interessant, dass es auch unter (selbsternannten) „Christen“ einen rechten Rand gibt, der vehement für diese menschenverachtende Asylpolitik eintritt, aber ein ähnliches Phänomen finden wir auch bei den radikalen „Moslems“. Eigenartig, dass hier so gar keine Verbrüderung stattfindet.
Aber zurück zum Anfang: Unsere Asylgesetze (nicht zu verwechseln mit den Folterparagraphen) schaffen eine „Realität“, die ungefähr so aussieht: Um Asyl Ansuchende werden jahrelang hingehalten; Jahre, in denen sie nicht arbeiten dürfen. Sie dürfen kein eigenes Geld verdienen, müssen daher von dem bisschen Geld leben, das sie vom Staat bekommen. Was ihnen vorgeworfen wird: Sie leben von unserem Geld. Kunststück – alles andere ist ihnen ja verboten. mehr